Psychologische Sicherheit als Grundstein guter Zusammenarbeit
Was versteht man unter psychologischer Sicherheit?
Unter psychologischer Sicherheit versteht man die Gewissheit, nicht bestraft oder gedemütigt zu werden, wenn man seine Ideen, Fragen, Bedenken oder Fehler am Arbeitsplatz äußert. Es herrscht eine vertrauensvolle Atmosphäre, die alle Mitglieder dazu ermutigen soll, sich offen zu äußern, ohne Angst vor Sanktionierung. Herrscht am Arbeitsplatz psychische Sicherheit, fühlen sich die Mitarbeiter:innen wohl damit, sie selbst zu sein und sich dementsprechend in die Arbeit einzubringen.
Was würde demnach passieren, wenn sich Teammitglieder nicht trauen, ihre Meinung zu sagen? Was wäre, wenn sie ihre Bedenken bewusst nicht äußern oder darauf verzichten, schwierige Fragen zu stellen? Was würde passiert, wenn sie vermeiden, innovative Ideen vorzuschlagen, weil sie Angst vor Ablehnung haben?
Laut einer Catalyst Studie aus dem Jahr 2020 geht es vor allem Frauen in Unternehmen so. Die Corona Pandemie und das damit verbundene “aus-dem-Home-Office-arbeiten” haben Zweifel und Angst am Arbeitsplatz zusätzlich verstärkt. Fast die Hälfte der weiblichen Führungskräfte hat Schwierigkeiten, sich in virtuellen Meetings zu Wort zu melden, und jede Fünfte gab an, sich bei Videomeetings übersehen oder ignoriert zu fühlen.
Der Grund dafür? Ein Mangel an psychologischer Sicherheit am Arbeitsplatz.
Warum ist psychologische Sicherheit wichtig?
Psychologische Sicherheit ist "ein Gefühl der Zuversicht, dass das Team jemanden nicht in Verlegenheit bringen, zurückweisen oder bestrafen wird, wenn er seine Meinung sagt." - Amy Edmonson (Wissenschaftlerin für Führung und Teambuilding)
Mit diesem Satz möchte die amerikanische Wissenschaftlerin erklären, dass psychologsische Sicherheit eine Atmosphäre schafft, in der es möglich ist Fragen zu stellen, neugierig zu sein, Vorschläge zu kritisieren und Fehler zu machen. Letztere können zum Lernen beitragen und dessen Aufdecken kann weitere Fehler verhindern.
Es geht hierbei jedoch nicht darum, stets nett zu allen zu sein. Vielmehr geht es beim Aufbauen von psychologischer Sicherheit darum, ehrliches Feedback zu erteilen, Verletzlichkeit zu zeigen, Risiken einzugehen und um Hilfe zu bitten.
Die 2019 vom HR Magazine zur einflussreichsten Denkerin im HR Bereich gekürte Professorin, untermauert ihre Definition von psychologischer Sicherheit mit folgender Studie:
Sie stellte sich die Frage, ob bessere Teams in Krankenhäusern weniger Medikationsfehler machen. Dazu führte sie über einen Zeitraum von 6 Monaten detaillierte Teamumfragen in Krankenhäusern durch. Anschließend stellte sie zu ihrer Verwunderung fest, dass die vermeintlich besseren Teams mehr Fehler machten, als die schlechteren. Sie bemerkte also eine Korrelation zwischen den Teammerkmalen und der Fehleranzahl.
Entgegen ihrer Erwartung waren es jedoch die Teams, die besser miteinander zusammen arbeiteten, die auch mehr Fehler machten. Dem wollte sie auf den Grund gehen und fand heraus, dass sie tatsächlich gar nicht mehr Fehler gemacht hatten. Sie zeigten nur mehr Offenheit und Bereitschaft diese zu berichten. Der Grund dafür: Psychologische Sicherheit. Während die einen offen und ehrlich über ihre Fehler sprachen, wurde in anderen Teams versucht, diese zu verbergen.
Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Ansicht, dass sowohl strukturelle als auch zwischenmenschliche Merkmale das Lernen und die Leistung in Arbeitsgruppen beeinflussen. Insbesondere zeigten die Resultate, dass psychologische Sicherheit und damit verbundenes Vertrauen zur Teamleitung, Verhaltens- und Leistungsresultate beeinflussen.
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Forschung und Studien zur psychologischen Sicherheit in Unternehmen
Forschungen haben wiederholt gezeigt, dass Organisationen von der Vielfalt der Gedanken der verschiedenen Mitarbeiter:innen profitieren. Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen sind demnach besser in der Lage, Probleme zu erkennen und kreative Lösungen anzubieten, als Gruppen mit ähnlichen Lebenserfahrungen.
Google hat in einer Studie zur psychologischen Sicherheit festgestellt, dass Menschen besser in Teams arbeiten, in denen sie die Ansicht teilen, dass sie innerhalb ihrer Arbeitsgruppe keinen zwischenmenschlichen oder sozialen Bedrohungen ausgesetzt sind. Je höher das Sicherheitsgefühl, desto eher gehen Personen das Risiko ein, sich bei wichtigen Themen am Arbeitsplatz zu Wort zu melden.
Dazu besagt der People Management Report aus dem Jahr 2021, dass Teammitglieder, die sich am Arbeitsplatz psychologisch sicher fühlen, seltener das Unternehmen verlassen. Warum auch sollte man ein Unternehmen verlassen, das einen mit Respekt behandelt und das Gefühl von Sicherheit und Wertschätzung vermittelt? Das wiederum hilft, Kosten bei Neueinstellungen zu sparen.
Psychologische Sicherheit im Team fördern
Psychologische Sicherheit stellt das Betriebsklima und die Kultur in einem Unternehmen da. Wenn man den vorherigen Absatz beachtet, ergibt es Sinn in genau diese Unternehmenskultur zu investieren und aktiv höherer psychologische Sicherheit zu fördern. Hier ein paar Tipps unsererseits:
- Produktive Konflikte und offene Dialoge\ Fördere den Dialog und respektvolle Diskussionen um Konflikte effektiv zu lösen. Wirf zudem ein Auge darauf, wie dein Team arbeitet und interagiert. Bekommt jeder die Möglichkeit, sich zu äußern? Schweigen einige mehr als andere? Ein guter Leader sollte darauf achten, dass alle die gleiche Redezeit und Aufmerksamkeit bekommen.
- Misserfolge und Fehler zulassen\ Vernünftige Risikobereitschaft und Experimentierfreudigkeit sind wünschenswerte Eigenschaften im Business Kontext. Diese sollten bei Misserfolgen jedoch auf keinen Fall bestraft werden. Ermutige deine Mitarbeiter:innen aus Fehlern und Enttäuschungen zu lernen. Diese Lernerfolge sollen wiederum gerne mit dem gesamten Team geteilt werden.
- Neugierde wecken\ Ermutige dein Team nachzuforschen und neugierig zu sein. Neugierde fördern ist ein Zeichen von entgegengebrachtem Vertrauen und unterstützt die natürlichen Instinkte von Menschen, Dinge zu hinterfragen und zu erforschen.
- Respektvoller Umgang\ Für den Fall, dass ein Teammitglied ein Verhalten an den Tag legt, das andere davon abhält, sich zu äußern, sollte dies weder ignoriert noch geduldet werden. Am besten legst du Regeln für einen respektvollen Umgang miteinander fest und gehst mit gutem Beispiel voran.
- Ein gutes Beispiel abgeben \ In einer verantwortungsvollen Position solltest du immer als ein positives Beispiel für deine Kolleg:innen voran gehen. Sei offen für andere Meinungen, gestehe dir Fehler ein und reagiere aufgeschlossen und empathisch, wenn sich eine Person kritisch äußert.
Beispiele für psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz
Das Konzept der psychologischen Sicherheit bekommt in vielen Unternehmen zu wenig Aufmerksamkeit oder wird gar ignoriert. Im Folgenden erklären wir 2 altbekannte Situationen in Büros und wie diese vermieden oder besser gemanagt werden können.
Chronisch gereizte Vorgesetzte
Wir alle kennen das Bild von stereotypen, wütenden Arbeitgeber:innen, die ins Büro stürmen, um ein Teammitglied wegen einer kleinen Indiskretion anzuschreien.
Diese Art von Verhalten löst in einem Team große Angst aus. Vor allem, wenn der Grund für den Verweis nicht klar definiert ist und die Erwartungen unklar sind. Manche Manager:innen glauben immer noch, dass Angst ein starker Motivator ist. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall. Angst führt zu dem ständigen Versuch, die Stimmung der Arbeitgeber:innen zu beschwichtigen und lenkt von Leistungsverbesserung und Erfolg ab.
Besser wäre, Fehler direkt, ruhig und offen anzusprechen und sie als Lernmöglichkeit oder Raum für Verbesserung zu sehen. Lass das ganze Team kollektiv nach Lösungsansätzen suchen, um Verständnis und Einsicht, aber auch positive Stimmung und Motivation zu schaffen.
Führungskräfte mit Doppelmoral
Ein bekanntes Beispiel aus dem Alltag für zu wenig psychologische Sicherheit ist die fehlende Disziplin seitens Führungskräften, wenn es um generelle Büroregeln und den gemeinsamen Umgang am Arbeitsplatz geht.
Sie dürfen zum Beispiel zu spät zu Sitzungen kommen, während sie andere Kolleg:innen dafür schelten, wenn sie dasselbe tun. Sie antworten vielleicht nicht auf E-Mails oder verschieben Besprechungen ohne Vorankündigung. Das schafft natürlich Unmut im Team und demotiviert. Einerseits wird man selbst für Fehlverhalten gemaßregelt und andererseits bekommt man schlechte Manieren von den Arbeitgeber:innen vorgelebt.
Anstatt seinen höheren Status auszunutzen, sollte auf jeder Ebene im Unternehmen respektvoll miteinander umgegangen werden. Regeln gelten für alle gleichermaßen und Regelverstoß ist in Ordnung, solange aktiver Wille zur Besserung gezeigt wird.
Psychologische Sicherheit im Team erfordert grundsätzlich ein gemeinsames Werte- und Verhaltenskonzept, das von allen, einschließlich der Führungskraft, mitgetragen und befolgt werden muss. Zudem sollten Führungskräfte positive Verhaltensweisen innerhalb des Teams vorleben, damit aus guten Verhaltensweisen gute Gewohnheiten werden. Denn gute Gewohnheiten führen zu guter Leistung.
Fazit: Auf psychologische Sicherheit zu achten ist für Führungskräfte ein Muss
Psychologische Sicherheit sollte keine "nette Draufgabe" in Unternehmen sein. Sie sollte ein wesentlicher Bestandteil der Kultur am Arbeitsplatz und des Betriebsklimas jeder Organisation sein.
Denn schließlich soll dein Unternehmen einen Arbeitsplatz für persönliches Lernen, Innovation und Wachstum bieten. Das alles hängt allerdings von zwischenmenschlichem Vertrauen, Selbstbewusstsein und psychologischer Sicherheit ab.
Ein gutes Unternehmen zeichnet sich durch seine Teammitglieder aus. Und diese arbeiten nachweislich besser und effektiver, wenn Platz für Kritik, innovative Ideen und Fehler existiert.
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