Aus dem Stickeralbum in die Nationalmannschaft
Wie der Freiburger Luca Waldschmidt als Stickerstar durchstartet
Es läuft die 90. Minute im EM-Halbfinale der deutschen U21 gegen die rumänische Auswahl. Es steht 2-2, als sich Luca Waldschmidt, Nadiem Amiri und Mo Dahoud knappe 24 Meter vor dem Tor um das ruhende Leder versammeln. Amiri streichelt den Ball mit der Sohle in seinen eigenen Rücken und Waldschmidt erzielt mit einem trockenen Flachschuss unter der gelben Mauer hindurch das 3-2. Es ist die Vorentscheidung (das Spiel endet sogar 4-2, weil Amiri kurz darauf ein noch schöneres Freistoßtor erzielt) und das siebte Turniertor des 23-jährigen Freiburgers. Das 2-2 hatte er per Elfmeter erzielt. Im Gruppenspiel gegen Serbien gelang ihm ein Dreierpack. Bei der knappen 1-2 Niederlage im Finale gegen Spanien kann er leider keinen Treffer mehr beisteuern, dennoch wird er Torschützenkönig und in Rom, London oder Lissabon verzweifeln Scouts auf ihren Notizzetteln an der Schreibweise seines Namens.
Einen Tag nach dem sogenannten und überhypten Deadline-Day der Transferperiode ist klar, dass der Junge aus dem hessischen Dillenburg in Freiburg bleiben wird. Nicht selbstverständlich auf einem zeitweise völlig deregulierten Transfermarkt, wo langfristige Verträge so viel Planungssicherheit geben wie das Ausfüllen eines Lottoscheins und junge Spieler kleinere Clubs oft nur noch als Sprungbrett für die ganz große Karriere nutzen.
“Es ist das erste Jahr, in dem ich richtig Bundesliga spielen durfte“
, sagt Waldschmidt selbst zu seinem Verbleib. Dabei hat er zu diesem Zeitpunkt bereits 80 Bundesligaspiele auf dem Konto. 38 davon für den Hamburger SV, von denen eines im kollektiven Gedächtnis des Traditionsvereins verankert sein wird. Am 20. Mai 2017, erzielte er - kurz zuvor erst eingewechselt - wieder in der Schlussminute das 2-1 gegen den direkten Konkurrenten VFL Wolfsburg und ersparte seinem Verein ausnahmsweise einmal die Relegation. Doch der Durchbruch gelingt Waldschmidt in der Folgesaison nicht - in 21 Spielen trifft er nur ein Mal, wieder gegen die Wolfsburger. Dem HSV allerdings auch nicht, er steigt ab. Waldschmidt wechselt zur Saison 2018/19 zum SC Freiburg.
Den Zeitpunkt hat er perfekt gewählt, da er so noch im Sticker-Sammelalbum des Sportclubs landet.* Auf Seite 6 lächelt er mit der Stickernummer 30 in die Kamera. In dieser Saison spielt Waldschmidt auch dreißig Mal und erzielt dabei 9 Treffer. Kein Wunder, dass er selbst sagt, er habe sich in der Saison das erste Mal als Bundesligaspieler gefühlt. Nachdem Waldschmidt auch an den ersten beiden Spieltagen der neuen Saison trifft, beruft ihn Bundestrainer Joachim Löw auch in die Nationalmannschaft - dieses Mal zu den Großen. Ob er in den beiden wichtigen Qualifikationsspielen gegen die Niederlande am Freitag und in Nordirland in einer Woche zum Einsatz kommt, weiß wohl nur Jogi selbst. Aber den Durchbruch hat Luca Waldschmidt aus Dillenburg jetzt wirklich geschafft.
*Wir können natürlich nicht garantieren, dass jeder aus den Stickerstars-Sammelalben direkt von Jogi in die Nationalmannschaft eingeladen wird, aber wir garantieren ein einmaliges Gefühl beim Einkleben des eigenen Stickers.