Stadtbrandmeister Kai-Uwe Roßtock: „Die Stickerstars-Aktion hat uns alle zusammengeschweißt!“
Auch für die Feuerwehren ist es eine spezielle Zeit. Besondere Maßnahmen müssen getroffen werden, Teamgeist ist in diesen Wochen wichtiger denn je. Stadtbrandmeister Kai-Uwe Roßtock erzählt, wie es den Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Bad Gandersheim vor Kurzem gelungen ist, ein großes Gemeinschaftsgefühl zu beschwören und die so wichtige Institution in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu stellen.
Kai-Uwe Roßtock, wie sehr beeinflusst die aktuelle Corona-Situation eure Feuerwehr?
Unser oberstes Ziel ist es, dass wir auch in dieser Zeit den Brandschutz und die Hilfeleistung aufrechterhalten, und das ehrenamtlich 24/7 über unsere 14 Ortsfeuerwehren mit fast 500 Kameradinnen und Kameraden. Dafür ist es notwendig, dass bestimmte Maßnahmen bzw. administrative Aufgaben im Hintergrund weiterlaufen. Hierzu zählen die Überprüfung der Fahrzeuge, der Gerätschaften und der Technik. Aber das in angepasster Form, indem zum Beispiel immer nur ein Kamerad im Gerätehaus ist oder bei mehreren Personen der Abstand eingehalten wird.
Ein Corona-Fall in einer Feuerwehr wäre noch schlimmer als anderorts…
Genau, und deshalb sind alle Kameradinnen und Kameraden angehalten, auch im privaten Umfeld besonders umsichtig im Umgang mit dem Virus zu sein. Derzeit herrscht für die Jahreszeit eine hohe Waldbrandgefahr, davor haben wir besonderen Respekt. Ausbildungen können momentan nicht stattfinden, auch unsere Kinder- und Jugendfeuerwehr pausiert – das ist besonders schlimm für den Nachwuchs. Aber auch die Alters- und Ehrenabteilungen trifft es, plötzlich keinen persönlichen Kontakt mehr zu haben. Deshalb hatten wir uns etwas überlegt…
Und zwar?
Einen Online-Dienst, bei dem Kameradinnen und Kameraden virtuell zusammenkamen, um sich zumindest mal wieder am Bildschirm zu sehen. Natürlich in Feuerwehrdress, das kam super an! Am Ende wurde sich noch mal zugeprostet – egal ob mit Bier oder Saftschorle. Denn klar ist: Zusammenhalt ist in einer Feuerwehr das A und O, und Kameradschaft muss gepflegt werden!
Auf genau dieses Gemeinschaftsgefühl zielte auch euer Stickerstars-Projekt ab. 613 verschiedene Sticker von Kameradinnen und Kameraden galt es, in ein gemeinsames Sammelhelft zu kleben…
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich Anfang 2019 die Idee von Herrn Scheuner bei uns in den Feuerwehren vorgestellt hatte. „Hm, was hat er da wieder vor?!“, hieß es da zunächst eher verhalten. Nach einer gemeinsamen Telefonschalte zu „Stickerstars“ sagten wir uns dann: „Jawoll, da machen wir mit!“. Und ich kann nur sagen: Es ist eine Erfolgsgeschichte geworden!
Warum genau?
Die Aktion hat unsere Stadtfeuerwehr, die ja aus 14 Ortsfeuerwehren besteht, als Ganzes zusammengeschweißt. In den Medien sowie in der Bevölkerung konnten wir großes Aufsehen erreichen - und in der Öffentlichkeit unseren Stellenwert deutlich erhöhen. Die Wahrnehmung war einfach da, im E-Center, in der Stadt und den Dörfern.
Wie ist es genau gelungen, eure gesellschaftlich so wichtige Institution präsenter zu machen?
Zu der herrlichen Kick-off-Veranstaltung zum Sammelauftakt kamen über den Tag verteilt mehrere 1000 Besucher. Das haben wir genutzt, um unsere Feuerwehr mit den Mitgliedern der Kinder- und Jugendfeuerwehren, mit den aktiven Kameradinnen und Kameraden sowie den Alters- und Ehrenabteilungen zu präsentieren, unter anderem mit kommentierten Vorführungen. Mit von der Partie waren unsere befreundeten Partner, das Deutsche Rote Kreuz und die Johanniter Unfallhilfe Bad Gandersheim. Wir konnten die Leute von uns begeistern! Auch deshalb kann ich nur jeder anderen Feuerwehr und jedem Verein so ein Projekt empfehlen.
Wie verlief der Sammelstart ansonsten?
Im Eingangsbereich des Edeka Center Scheuner brach ein Verkehrschaos mit den Einkaufswagen aus (lacht). Denn dort waren alle unsere Sticker in DIN-A4 in einer Galerie aufgereiht und jeder suchte sich und seine Bekannten. So grassierte das Sammelfieber fortan überall. Man sah, wie überglücklich vor allem diejenigen waren, die gleich am ersten Tag ihren eigenen Sticker ergattern konnten.
Und wem das nicht gelang, dem standen auch die Tauschbörsen zur Verfügung…
Bei den Tauschbörsen im E-Center und in den Feuerwehrhäusern kamen Leute von 4 bis 95 zusammen, um gemeinsam zu sammeln und zu tauschen. Man kam miteinander ins Gespräch, und das auch mit Leuten, die gar nicht in der Feuerwehr waren!
Hattet ihr durch das Projekt auch Zuwachs zu verzeichnen?
Nette Geschichte: Ein Mädchen kam am Anfang zu uns und meinte, sie möchte unbedingt schnell in die Kinderfeuerwehr, um auch im Stickerheft zu sein. Nun ziert sie Sticker-Nummer 555 (grinst). Auch weitere Fördermitgliedschaften sind zum Beispiel entstanden.
Als besondere Aktion habt ihr am dritten Advent zur Auktion eines kompletten Heftes mit 613 Glitzerstickern geladen.
Die Versteigerung war der Wahnsinn! So viele Leute waren heiß auf das Exemplar. Letztlich ging dieses Unikat für mehr als 500 Euro an einen Bieter, der vorher noch nicht mal etwas mit der Feuerwehr zu tun hatte – er fand die Sache einfach super! Und das Geld wurde an das Jugendzentrum Phönix für eine Soccer-Arena übergeben.
Auch im Stadtmuseum ist das Sticker-Album nun verewigt…
Genau, das steht jetzt in einer Vitrine neben anderen traditionellen Gerätschaften. Ich bin froh, dass wir das Buch den Museumsfreunden insbesondere unserem Kameraden Regierungsbrandmeister a.D. Otmar Niemann, der am 17.März 2020 im 81. Lebensjahr verstorben ist, noch übergeben konnten. Und ich bin mir sicher: Auch unser Stickerstars-Album und die Sticker-Bilder der Stadtbrandmeister Rudolf Dröge, Günter Ahrens, Axel Röstel und von mir werden nun für immer als Dokumentation dieser Zeit dienen.